Das Broken Heart Syndrom

Das Broken Heart Syndrom

Wie gefährlich kann ein gebrochenes Herz sein
Von Edith Ahmann

Das Broken-Heart-Syndrom ist eine plötzlich auftretende Funktionsstörung des Herzmuskels. Der medizinische Begriff lautet Takotsubo-Kardiomyopathie.
Andere Bezeichnungen sind Gebrochenes Herz Syndrom oder auch Stress-Kardiomyopathie.

Wir wissen, dass das Herz eng verbunden ist mit unseren Gefühlen und Ängsten. Regen wir uns auf, schlägt es schnell und manchmal auch unregelmäßig, sind wir entspannt schlägt es langsamer und ruhiger. Dies drücken wir auch in Bemerkungen wie … gebrochenes Herz, zu Tode erschrecken, das Herz ist in die Hose gerutscht, das Herz bleibt mir stehen … aus.

Auch das Phänomen des Broken-Heart-Syndroms und der Name legen einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Körper und Psyche nahe. Und warum sollte es auch anders ein. Wir Menschen sind eine Einheit aus Körper Geist und Seele. …

Im Grunde handelt es sich beim Broken-Heart-Syndrom um einen Herzinfarkt, der jedoch nicht, wie im klassischen Fall, durch die Verlegung der Herzkranzgefäße verursacht wird. Im Falle der Stress-Kardiomyopathie kommt es, wie der Name schon sagt, bedingt durch emotionalen Stress zu einer Durchblutungsstörung des Herzmuskels.

Das verursacht Symptome wie bei einem Herzinfarkt, bei näherer Untersuchung zeigt sich im EKG ein vom Gesunden abweichendes Bild, der Herzultraschall zeigt partielle Unterversorgung des Herzmuskels mit Blut und eventuell eine Aussackung.
Dieser sichtbaren Aussackung verdankt das Broken-Heart-Syndrom seinen medizinischen Namen Takotsubo-Kardiomyopathie. Entdeckt wurde dieses Syndrom in den 1990ern von japanischen Ärzt:innen. Die Aussackungen am Herzen haben meist eine Form, die der Form einer japanischen Tintenfischfalle ähnelt, die Takotsubo heißt.
Im Blut befinden sich erhöhte Troponinwerte. Troponine sind Eiweißbausteine, die in den Zellen der Herzmuskulatur vorkommen Erst durch eine Koronarangiographie kann ein klassischer Herzinfarkt ausgeschlossen werden.

Aber auch eine Takotsubo-Kardiomyopathie kann tödlich enden oder Komplikationen nach sich ziehen, so dass Patient:innen versterben oder lebenslang Medikamente nehmen müssen.

So ist auch hier klar: treten entsprechende Symptome auf, sollte sofort ein:e Notärzt:in verständigt werden. Je früher erkannt und behandelt wird, desto besser die Prognose.

Wie zeigt sich das Broken Heart Syndrom

Die auftretenden Symptome sind ähnlich wie beim Herzinfarkt. Am Häufigsten treten Atemnot, Schmerzen im Brustkorb, Erschöpfung, Schweissausbrüche und Übelkeit auf. Aber nicht immer sind sie eindeutig, und manchmal auch nicht eindeutig genug, um Ärzt:innen erkennen zu lassen, dass es sich um einen Infarkt oder ein Broken-Heart-Syndrom handelt.

In seltenen Fällen kann es so zu einer Herzinsuffizenz und sogar zum Herzstillstand kommen.

Wie kommt es zum Broken-Heart-Syndrom

Die Entstehung einer Takotsubo-Kardiomyopathie ist bis heute nicht abschließend geklärt.
In den meisten Fällen geht dem Auftreten ein stark belastendes Ereignis wie Kummer und Stress durch eine Trennung, unglückliche Liebe, Todesfälle von lieben Menschen, Trauer, Umzug, Jobverlust, Beziehungsstress, Gewalt und Mobbing voraus. Es wird vermutet, dass Menschen, die unter Depressionen leiden, einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind.
Aber auch eine Krebserkrankung oder eine Chemotherapie stehen im Verdacht Auslöser zu sein. Letztendlich sind auch diese beiden möglichen Ursachen mit extremem Stress des Systems verbunden.

Selten können auch Therapien und Vorerkrankungen wie Blutvergiftung, Asthma, COPD, Angsterkrankungen, Rauchen, Alkoholmissbrauch, Drogen(entzug), erhöhte Blutfettwerte Ursache oder zumindest Risikofaktor sein.

Manchmal erkennt man aber auch gar keine eindeutigen Auslöser.

Warum das alles eine Takotsubo-Kardiomyopathie auslöst, ist ebenso weitestgehend ungeklärt. Alter und Hormone könnten eine Rolle spielen. Überwiegend (ca. 80%) sind Frauen betroffen, vor allem Frauen nach den Wechseljahren.

Pathophysiologisch zeigt sich eine erhöhte Sympathikusaktivität mit einer überschießenden Katecholaminproduktion. Der Sympathikus ist der Teil des vegetativen Nervensystems, der für die Erregung zuständig ist, Katecholamine sind Stresshormone wie Adrenalin und Noradrenalin und diese können schädigend auf den Herzmuskel wirken

Außerdem ist bekannt, dass Leistungsdruck, anhaltende psychische Belastung und Überforderung, posttraumatische Belastungsstörungen und Angstzustände generell ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellen.

Auch weiß man inzwischen, dass das Herz über die sogenannte
Herz-Hirn-Achse über Fasern des vegetativen Nervensystems mit dem Gehirn verbunden ist. Zudem gibt es Verbindungen zu unserem bewusst steuerbaren Nervensystem. Deshalb ist das Herz durch aktiv praktizierte Entspannungsübungen beeinflussbar.

Wie wird es medizinisch diagnostiziert

Die diagnostischen Methoden sind hier EKG, Ultraschall und Blutuntersuchung.

Im Ultraschall ist eine Bewegungsstörung in der linken Herzkammer sichtbar, die Muskulatur kann bauchig oder ballonähnlich aufgebläht sein.
Das EKG zeigt Abweichungen der normalen Darstellung und im Blut findet man erhöhte Troponinwerte. Kardiale Troponine (Troponin T und Troponin I) sind Eiweißbausteine, die in den Zellen der Herzmuskulatur vorkommen. Nach einer Schädigung des Herzmuskels (z.B. nach einem Herzinfarkt) treten diese Eiweißstoffe vermehrt im Blut auf und können dort gemessen werden.

Klarheit über die Ursache der auftretenden Symptome und ob es sich um einen klassischen Herzinfarkt oder ein Broken Heart Syndrom handelt, erlangt man nur durch Herzkatheter-Untersuchung, die Koronarangiographie. Sie ist eine spezielle Form der Röntgenuntersuchung, bei der die Herzkranzgefäße abgebildet werden. Ein Röntgenkontrastmittel wird in die Herzkranzgefäße über einen Herzkatheter injiziert und mittels Röntgenstrahlen sichtbar gemacht.
Fehlen die Verengungen der Herzkranzgefäße, wie sie bei einem Herzinfarkt sichtbar sind, geht man zunächst davon aus, dass es sich um ein Broken Heart Syndrom handelt.

Wie wird es behandelt

Zunächst bleiben alle Patient:innen zur Beobachtung für mindestens 48 Stunden in der Klinik auf der Intensiv- oder Überwachungsstation. Auch wird geraten, sich in den nächsten 2 bis 3 Wochen zu schonen.
Bei den meisten Patient:innen erholt sich der Herzmuskel innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen von allein und es bleiben keine Schäden am Herzen. Hier gilt das Phänomen als ausgeheilt.

Je nach Ausprägung und Schweregrad wird eine Therapie empfohlen, es gibt hier kein einheitliches Vorgehen. Da es eine Erkrankung ist, von der überwiegend Frauen betroffen sind, wird hier leider auch erst in letzter Zeit ausgiebig geforscht, ähnlich wie bei Endometriose oder PMDS.

Nicht selten werden aber anschließend auch Medikamente wie Beta-Blocker, Blutverdünner und ACE Hemmer verordnet, um den Herzrhythmus zu stabilisieren, die Wirkung der Stresshormone reduzieren und das Blut zu verdünnen.
Lebensbedrohliche Verläufe sind sehr selten.

Inzwischen wird diskutiert, wie sinnvoll eine begleitende Psychotherapie ist. Da bei ca. 50% der Betroffenen ein unmittelbarer Zusammenhang mit belastenden Lebenssituationen besteht, liegt nahe, dass das Erlernen einer konstruktiven Stressbewältigung hilfreich wäre.

In einer begleitenden Psychotherapie kann sich die Einstellung zu Krankheit und Gesundheit ändern, es kann eine gewisse Eigenverantwortung erlernt werden, die wiederum den Umgang mit Stress positiv beeinflussen kann. Selbstwirksamkeit kann erlernt werden und so können Betroffene sich als selbstständig agierende und entscheidende Personen in Bezug auf ihre Erkrankungen erleben.

Was kann ich tun, um mein Risiko zu mindern

Wie bei allen Herz-Kreislauf Erkrankungen ist es gut, dauerhaften Stress zu vermeiden. Das ist aber leichter gesagt als getan. Die meisten Menschen, die anhaltenden Stress erleben, sind nicht ohne Weiteres in der Lage, sich alleine ein anderes Verhalten oder eine andere Haltung anzueignen.
Es ist also ratsam, sich Unterstützung oder Begleitung zu gönnen.

So ist es z.B. möglich, in einer begleitenden Psychotherapie zu erlernen, Stress zu vermeiden und/oder einen individuellen Umgang mit Belastungen zu erlernen.

Ebenso ist eine gute Idee, herauszufinden, wodurch sich das eigene System entspannt und zur Ruhe kommt. Das können unterschiedliche Dinge sein wie Spazierengehen, Holz hacken, Gartenarbeit, kreativ sein, Schreiben, Laufen, sich in der Natur aufhalten, Schwimmen gehen und vieles mehr.
Auch eine der bekannten Entspannungsmethoden wie beispielsweise Yoga, TaiChi, Autogenes Training, Muskelrelaxation nach Jakobsen oder Achtsamkeitstraining zu erlernen, kann hilfreich sein.

Wichtig ist es aber auch, regelmäßige Ruhephasen im Alltag zu haben, sowohl häufige kleine Pausen als auch immer wiederkehrende längere Auszeiten sind wichtig, um die Seele und das Herz zu entlasten.

Es lohnt sich in jedem Fall auch, den eigenen Lebensstil kritisch anzuschauen, sich ein wenig mit gesunder Ernährung zu beschäftigen und sich ausreichend zu bewegen.

Und natürlich wirken sich Zufriedenheit mit dem eigenen Leben, Glücksmomente und Liebe im Leben positiv auf unsere Herzgesundheit aus. Das ist ein weites Feld und für uns alle wichtig, aber ein ganz eigenes Thema.

Persönliches

Ich habe an diesem Artikel über einen längeren Zeitraum geschrieben. Im letzten Sommer hatte ich selber eine Takotsubo Kardiomyopathie. Und das Schreiben hat mich, auch wenn mir die Recherche und das Erwerben von Wissen gutgetan hat, immer wieder nachdenklich und auch ängstlich gestimmt.

Mein Takotsubo hat mich kalt erwischt. Ich hatte zwar einige harte Monate hinter mir und war gerade dabei, einen nicht freiwilligen Umzug zu organisieren, aber ich dachte: ich hab`s im Griff.
Ich hatte diese typische Atemnot und krass schnelle Erschöpfung, ich kam kaum noch in den 2. Stock in meine Wohnung und ich hatte Schmerzen hinterm Brustbein. Da ich aber gerade eine größere OP wegen einer Krebserkrankung hinter mir hatte, dachte ich, ich hätte Lungenmetastasen.
Also war ich bei meinem Hausarzt, der sehr schnell reagiert hat, und bevor ich realisiert hatte was mit mir los war, saß ich schon im Krankenwagen und war auf dem Weg in die Notaufnahme.
Die Idee, ich könnte einen Herzinfarkt haben, fand ich absurd, mir ging es doch gut, nur bisschen Atemnot … und ich bin ja zäh ….

Tja und dann war nach einer Herzkatheteruntersuchung klar, es ist das Broken- Heart-Syndrom. Nach der Untersuchung hat die Ärztin mich befragt, ob ich gerade Stress habe und wie es mir so geht, und danach fand sie das alles ganz logisch, was da passiert war.
Nach 48 Stunden durfte ich nach Hause. Ich sollte mich 2 bis 3 Wochen so verhalten als sei ich schwer krank und dann wäre wahrscheinlich alles wieder gut.

Zuhause wurde mir dann klar, ich bin schwer krank, ich hatte grade Krebs, ich hatte eine große Bauch-OP hinter mir, ich war mitten in der Chemotherapie, ich war auf fremde Hilfe angewiesen, allein das macht mir Stress. Ich musste umziehen, weil das Haus, in dem ich wohnte, kernsaniert wurde. Ich hatte eine Wohnung gefunden und angefangen zu packen, obwohl ich eigentlich gar keine Kraft hatte. Ich hatte Todesangst hinter mir, ich hatte Angst, vielleicht nie wieder so richtig arbeiten zu können, ich hatte Angst, meine Enkelkinder vielleicht nicht groß werden zu sehen.

Und das alles habe ich gar nicht so richtig wahrgenommen. Und genau das scheint typisch zu sein für Menschen mit Takotsubo. Diese Selbstverständlichkeit, der hohen Belastung tapfer zu begegnen und sie alleine zu bewältigen.

Mein persönlicher erster Schritt war also die Wahrnehmung meiner Gefühle, das „ernst nehmen meines Zustands“, „das mir erlauben“, zur Ruhe zu kommen und mir helfen zu lassen.

Das alles ist jetzt ein Jahr her und in meinem Leben hat sich einiges geändert. Auch wenn noch Spielraum nach oben ist, so habe ich doch viel gelernt.
Ich mache eine begleitende Psychotherapie, ich gehe regelmäßig zu meinem Heilpraktiker, der in der Hauptsache meine nervlichen Zustände, wie er das nennt, behandelt. Ich übe mich in Entspannung und Bewegung. Bewegung klappt gut, Entspannung ist eine harte Aufgabe für mich. Und da sich das wiederspricht, muss ich aufpassen, dass die Idee mich entspannen zu wollen oder gar zu müssen, nicht neuen Stress macht. Darin bin ich gut, also im Erzeugen von neuem Stress.
Ich kann mich eigentlich nur entspannen, wenn ich mich vorher bewegt habe oder wenn ich einen ruhigen Menschen neben mir habe.

Ich habe auch einige Entscheidungen getroffen. Ich habe beschlossen mir keinen Stress mehr bei der Arbeit zu machen und mir auch keinen machen zu lassen; das klappt immer besser. Ich habe beschlossen, mir meine Unzulänglichkeiten zu verzeihen; das klappt manchmal. Ich habe beschlossen, dass es liebenswert ist, dass ich nicht perfekt bin; das klappt immer öfter. Und ich habe beschlossen, mein Herz wieder zu öffnen, weicher zu sein, mit mir und den anderen Menschen, mich lieb zu haben und auch die anderen lieb zu haben, naja, jedenfalls die meisten.

Mir ist klargeworden, wie schön das Leben sein kann, wie wertvoll es ist, und wie wichtig, dass ich es genieße, da zu sein, all die guten Momente zu feiern, all die Geschenke als solche zu sehen und nicht zu denken, dass es selbstverständlich ist, wie es ist.

 

Interessantes zum Weiterlesen:

Mein Herz und meine Seele von Prof. Dr. med. Volker Köllner, Dr. med. Eike Langheim und Judit Kleinschmidt. Trias Verlag
Revolution in der Herztherapie von Dean Ornish, Lüchow Verlag

Journal für Kardiologie, Austrian Journal of Cardiology 2020; 27 (3-4), 84-89

 

 

Edith Ahmann
Geschäftsführerin im FMGZ Region Hannover e.V.